Mit einem ambitionierten Raumfahrtprojekt wollen europäische Rüstungsunternehmen ihre militärische Unabhängigkeit stärken. Die deutsche Firma Helsing und der norwegische Konzern Kongsberg planen den Aufbau eines eigenen Satellitennetzwerks für europäische Streitkräfte. Bis zum Jahr 2029 sollen zwischen 75 und 100 Satelliten in den Orbit gebracht werden, um militärische Ziele eigenständig aufklären, überwachen und erfassen zu können.
Vorgestellt wurde das Vorhaben bei der Vertragsunterzeichnung in Berlin. Helsing-Chef Gundbert Scherf sprach von einem strategischen Meilenstein für Europas Sicherheitsarchitektur. Ziel sei es, Fähigkeiten bereitzustellen, die bislang häufig von außereuropäischen Akteuren abhängig seien. Das Projekt verstehe sich ausdrücklich als Beitrag zur militärischen Abschreckung und zur strategischen Souveränität Europas.
Kern des Vorhabens ist die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens, das künftig auch eine Produktionsstätte in Deutschland betreiben soll. Die beteiligten Firmen investieren zunächst mehrere Dutzend Millionen Euro aus eigenen Mitteln. Staatliche Finanzierungszusagen gibt es bislang nicht. Dennoch zeigte sich Scherf zuversichtlich, dass insbesondere aus Deutschland Interesse an einer Beteiligung oder späteren Aufträgen entstehen werde.
Auslöser und Mahnung zugleich ist für die Initiatoren der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er habe deutlich gemacht, wie entscheidend eine wetterunabhängige, verlässliche Aufklärung aus dem All für moderne Kriegsführung sei. Europa müsse in der Lage sein, solche Fähigkeiten selbst zu kontrollieren und im Ernstfall unabhängig einzusetzen.
Auch Kongsberg unterstreicht den politischen Anspruch des Projekts. Eirik Lie, Präsident von Kongsberg Defence & Aerospace, erklärte, eine eigenständige europäische Überwachung und Zielerfassung sei Voraussetzung für glaubwürdige Abschreckung. „Europa muss die volle Kontrolle über diese Fähigkeiten haben“, betonte er.
Zum Konsortium gehört zudem der deutsche Sensorspezialist Hensoldt, der Radar-, Funk- und optische Systeme beisteuert. Die Satelliten sollen von Kongsberg gefertigt und anschließend mit Trägerraketen des Raumfahrtunternehmens Isar Aerospace von Norwegen aus gestartet werden.
Mit dem geplanten Satellitennetz setzen die beteiligten Firmen ein deutliches Signal: Europa will im sicherheitspolitisch sensiblen Weltraum nicht länger nur Nutzer, sondern selbst Gestalter sein.


