Militärputsch in Guinea-Bissau wegen Wahlmanipulation

Guinea-Bissau. In Guinea-Bissau hat das Militär die Macht an sich gerissen und damit einen der politisch fragilsten Staaten Westafrikas erneut in eine schwere Krise gestürzt. Eine Gruppe ranghoher Offiziere erklärte über den Facebook-Kanal des staatlichen Senders TGB, Präsident Umaro Sissoco Embaló sei abgesetzt, sämtliche Institutionen suspendiert und die Landesgrenzen zu Land und See geschlossen. Die Offiziere präsentierten den Umsturz als angeblich notwendigen Schritt, nachdem das Oberkommando einen groß angelegten Plan zur Wahlmanipulation aufgedeckt habe. In den mutmaßlichen Komplott sollen Politiker und ein bekannter Drogenboss verwickelt gewesen sein.

General Denis N’Canha, Sprecher der Putschisten, behauptete, der Militärschlag diene der Wiederherstellung von Sicherheit und öffentlicher Ordnung. Bis die politische Lage wieder als stabil gelte, wolle die Armee die Staatsgewalt ausüben. Medienaktivitäten wurden eingestellt, der laufende Wahlprozess umgehend gestoppt, und nachts gilt eine Ausgangssperre im ganzen Land.

Zuvor war es im Präsidentenpalast zu Festnahmen gekommen. Embaló selbst berichtete dem Magazin „Jeune Afrique“, er, der Innenminister und die Spitzen des Militärs seien im Palast festgesetzt worden. Gewalt sei gegen ihn nicht angewandt worden, doch in der Hauptstadt Bissau waren Schüsse zu hören. Diese Ereignisse überschatteten die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die am Sonntag stattgefunden hatten und bereits Monate überfällig waren. Sowohl Embaló als auch sein Herausforderer Fernando Dias hatten sich unmittelbar nach der Stimmabgabe als Wahlsieger präsentiert. Die offiziellen Ergebnisse waren noch ausstehend.

Embaló, der seit 2020 regiert, hatte das Parlament Ende 2023 aufgelöst. Seine Amtszeit war bereits überschritten, und Kritiker werfen ihm zunehmende Repressionen gegen Opposition, Medien und Zivilgesellschaft vor. Die wichtigste Oppositionspartei war von der Wahl ausgeschlossen worden und unterstützte deshalb den unabhängigen Kandidaten Dias. Die politische Lage galt schon vor dem Putsch als extrem gespannt.

Guinea-Bissau zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, verfügt jedoch über wertvolle Rohstoffe wie Gold, Bauxit und Gas. Trotz dieser Vorkommen bleibt die Landwirtschaft der wichtigste Wirtschaftsfaktor. International ist das Land zudem als Drehkreuz des Kokainschmuggels zwischen Lateinamerika und Europa berüchtigt. Organisationen wie die Global Initiative Against Transnational Organized Crime sehen die Drogenökonomie eng mit den politischen Machtkämpfen im Land verknüpft und beschreiben sie als ein lukratives, kaum eingedämmtes System.

Seit der Unabhängigkeit 1974 haben Militärputsche und -versuche Guinea-Bissau immer wieder erschüttert. Der jüngste Umsturz reiht sich in eine zunehmende Serie von Staatsstreichen in West- und Zentralafrika ein, von Mali und Burkina Faso bis nach Gabun. Das Auswärtige Amt bezeichnete die Lage vor Ort als unübersichtlich und rät, Menschenansammlungen insbesondere rund um den Präsidentenpalast weiträumig zu meiden.

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