Berlin. Wie gut ist Deutschland auf einen militärischen Ernstfall vorbereitet – insbesondere im Gesundheitswesen? Ein interner Spezialbericht der Bundeswehr zeichnet ein alarmierendes Bild. Rund 200 Experten, darunter Militärs, Ärzte und Katastrophenschützer, warnen: Krankenhäuser, Apotheken und das medizinische Personal wären im Kriegsfall massiv überfordert.
Dem Bericht zufolge müsste Deutschland im Extremfall mit bis zu 1.000 verletzten Soldaten pro Tag rechnen – zusätzlich zu zivilen Opfern. Die Folge: ein überlastetes Gesundheitssystem, Versorgungsengpässe bei Medikamenten, Blutkonserven und Verbandsmaterial, dazu ein stark erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten.
Besonders brisant: Die Experten gehen davon aus, dass gezielte Angriffe auf Kliniken und medizinisches Personal wahrscheinlich sind. Doch der Bericht stellt fest: Deutschland ist dafür kaum gerüstet. Zuständigkeiten seien unklar, Notfallpläne lückenhaft, Kommunikationswege nicht abgestimmt und Lieferketten extrem verwundbar. Viele Apotheken hätten zudem nur minimale Vorräte – ein riskanter Zustand in Krisenzeiten.
Um die medizinische Verteidigungsfähigkeit zu verbessern, fordern die Autoren tiefgreifende Reformen. Krankenhäuser und Apotheken sollen besser geschützt und Behandlungsräume in unterirdische Anlagen verlegt werden. Schulen und Turnhallen sollen als provisorische Lazarette dienen. Medizinstudenten sollen verpflichtend Kenntnisse in Kriegs- und Katastrophenmedizin erwerben – inklusive Triage-Schulung. Durch Bürokratieabbau könnten Kliniken bis zu 25 Prozent mehr Patienten versorgen.
Wichtige Medikamente wie Antibiotika und Narkosemittel müssten wieder in der EU produziert und strategisch bevorratet werden. Auch die Nutzung von Blutkonserven aus Nicht-EU-Ländern soll erlaubt werden, um Engpässe zu vermeiden. Überflüssige Regularien – etwa zu Flaschenformen oder Beipackzetteln – sollten gestrichen werden, um Prozesse zu beschleunigen. Schließlich brauche es ein „Lagebild Gesundheit“, das alle verfügbaren Ressourcen und Kapazitäten im Krisenfall bündelt.
Die Analyse zeigt deutlich: Deutschland verfügt zwar über ein modernes Gesundheitssystem – aber nicht über ein krisenfestes. Ohne entschlossene Maßnahmen drohe im Ernstfall ein medizinisches Chaos, das selbst den besten zivilen Katastrophenschutz überfordert.


