Frankfurt am Main. Mit einer der größten Anti-Betrugs-Razzien der vergangenen Jahre sind Polizei, Zoll und kommunale Ordnungsämter im Rhein-Main-Gebiet gegen mutmaßliche Sozialbetrüger vorgegangen. Mehr als 560 Einsatzkräfte durchkämmten über 14 Stunden hinweg Wohnungen, Geschäfte und Betriebe. Blaulicht, aufgebrochene Türen und weiträumig abgesperrte Straßenzüge prägten das Bild – insbesondere in Frankfurt-Rödelheim, wo die Ermittler einen Kriminalitätsschwerpunkt setzten.
Bereits am Dienstagmittag zog das hessische Innenministerium eine erste Zwischenbilanz, die das Ausmaß der Aktion verdeutlicht: 33 Wohnungen wurden durchsucht, rund 55.000 Euro Bargeld sichergestellt. Zudem beschlagnahmten die Beamten Luxusuhren, Schmuck und weitere Wertgegenstände. Zwei hochwertige Fahrzeuge wurden eingezogen. Drei bestehende Haftbefehle konnten vollstreckt werden, sieben weitere Personen wurden vorläufig festgenommen.
Am späten Nachmittag eskalierte der Einsatz sichtbar. Mehrere Straßenzüge in Frankfurt-Rödelheim wurden vollständig abgeriegelt, niemand kam hinein oder hinaus. Polizisten durchsuchten Häuser und stürmten Gewerberäume, trugen Beweismittel ab und nahmen Verdächtige fest. Die abschließende Bilanz der Durchsuchungen wird erst am Mittwoch erwartet, da zahlreiche Spuren und Unterlagen noch ausgewertet werden.
Die Ermittlungen richteten sich nicht nur gegen Privatpersonen. Auch Gaststätten, Spielhallen und Nagelstudios gerieten ins Visier der Fahnder. Nach Angaben der Behörden handelt es sich um ein Geflecht aus strukturierter und teils organisierter Sozialkriminalität. Die mutmaßlichen Täter sollen Sozialleistungen bezogen haben, während sie gleichzeitig illegal arbeiteten, Angestellte schwarz beschäftigten oder Einnahmen systematisch verschleierten.
Der neue Präsident des hessischen Landeskriminalamtes, Daniel Muth, sprach von einem gezielten Schlag gegen eine Kriminalitätsform, die häufig unterschätzt werde, jedoch immense finanzielle Schäden verursache. Sozialbetrug sei kein Kavaliersdelikt, sondern untergrabe das Vertrauen in den Sozialstaat und belaste die öffentlichen Kassen massiv.
Auch Innenminister Roman Poseck machte deutlich, dass Sozialleistungsbetrug für die Landesregierung längst kein Randthema mehr ist. „Der Missbrauch von Sozialleistungen geht zulasten aller – insbesondere jener Menschen, die tatsächlich auf Unterstützung angewiesen sind“, betonte er. Die Aktion solle ein klares Signal senden, dass der Staat entschlossen gegen solche Delikte vorgehe.
Offiziell wurden in Hessen im Jahr 2024 insgesamt 624 Fälle von Sozialleistungsbetrug registriert. Doch nach Einschätzung des Innenministeriums bildet diese Zahl nur die Spitze des Eisbergs ab. Viele Fälle blieben unentdeckt, die Dunkelziffer sei deutlich höher. Genau deshalb habe man nun mit einem landesweiten, koordinierten Großeinsatz reagiert – und angekündigt, auch künftig mit ähnlicher Härte vorzugehen.


