Industrie-Schwäche bremst Deutschland aus

Foto: pixabay.com/Wälz

Foto: pixabay.com/Wälz

München. Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen fünf Jahrzehnten deutlich an Schwung verloren – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Das zeigt eine neue Langzeitanalyse des ifo Instituts, die den Rückgang des Wirtschaftswachstums seit den 1970er-Jahren untersucht.

Wachstum halbiert sich seit den 1970ern

Laut ifo-Konjunkturforscher Robert Lehmann wuchs die deutsche Wirtschaft in den 1970er-Jahren noch um knapp drei Prozent pro Jahr. In den Jahren vor der Corona-Pandemie lag das durchschnittliche Wachstum nur noch bei rund 1,5 Prozent – also etwa halb so stark.

Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt demnach in der nachlassenden Dynamik zentraler Industriebranchen wie der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und eng damit verbundenen Dienstleistungssektoren wie Leasing-Unternehmen oder Unternehmensberatungen. „Diese Bereiche waren über Jahrzehnte Triebfedern des deutschen Wohlstands – nun sind sie zu Bremsklötzen geworden“, erklärt Lehmann.

Kettenreaktionen in der vernetzten Wirtschaft

Die ifo-Analyse zeigt, dass starke Verflechtungen zwischen den Wirtschaftsbereichen die Effekte zusätzlich verstärken. Wenn ein zentraler Sektor an Dynamik verliert, zieht das über Produktionsketten andere Branchen mit nach unten.

Lara Zarges, Mitautorin der Studie, beschreibt den Mechanismus so: „Wenn zentrale Zulieferbranchen spürbar an Dynamik verlieren, überträgt sich das über die Produktionsketten auf die Gesamtwirtschaft.“ Ein Beispiel sei das Baugewerbe, das trotz seines geringen Anteils am Bruttoinlandsprodukt seit der Wiedervereinigung erheblich zur Verlangsamung des langfristigen Wachstums beigetragen habe.

Arbeitskräftemangel als Zukunftsrisiko

Auch für die kommenden Jahre zeichnen die ifo-Forscher ein trübes Bild. Deutschland steuere auf eine Phase weiterer Wachstumsverlangsamung zu – bis hin zu einem nahezu stagnierenden Wirtschaftsniveau.

Der Grund: Die demografische Entwicklung verschärft sich weiter. Immer mehr Fachkräfte gehen in Rente, während der Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt fehlt. „In vielen Branchen werden flächendeckend Arbeitskräfte in erheblichem Ausmaß fehlen“, so Lehmann. Ohne strukturelle Reformen werde das Produktionspotenzial der deutschen Wirtschaft weiter sinken.

Ausblick: Reformdruck wächst

Das ifo Institut sieht die Politik in der Pflicht, Wachstumskräfte zu stärken und die Industrie zu modernisieren. Dazu zählen laut den Forschern eine Digitalisierungsoffensive, gezielte Fachkräftezuwanderung und Investitionen in Innovationen und Bildung. Nur so könne Deutschland langfristig seine wirtschaftliche Stabilität sichern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert