Hamburg. Hamburg hat entschieden – und zwar deutlich: Mit 53,1 Prozent der Stimmen hat der Volksentscheid „Hamburger Zukunftsentscheid“ gewonnen. Damit setzt sich eine Allianz aus Fridays for Future, NABU, Verdi und weiteren Umweltorganisationen gegen den Senat durch – und zwingt Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu einem radikalen Kurswechsel in der Klimapolitik.
Die Hansestadt muss nun ihre CO₂-Neutralität fünf Jahre früher, also bis 2040, erreichen. Das Ergebnis: ein gewaltiger Kraftakt mit massiven Folgen für Bürger, Wirtschaft und städtische Finanzen.
Klimawende per Volksentscheid
Nach der Auszählung aller 673 Stimmgebiete stand das Ergebnis fest: 303.422 Hamburgerinnen und Hamburger stimmten mit „Ja“. Damit tritt ein Maßnahmenpaket in Kraft, das selbst viele Befürworter als „revolutionär“ bezeichnen – Kritiker sprechen von einem ökonomischen Blindflug.
Ein von der Umweltbehörde beauftragtes Gutachten hatte bereits vor der Abstimmung gewarnt: Eine Vorziehung des Klimaziels um fünf Jahre werde „deutliche Einschränkungen“ und „spürbare Mehrbelastungen“ für Bürger und Unternehmen mit sich bringen. Besonders Menschen mit geringem Einkommen dürften die Folgen zu spüren bekommen.
Was jetzt auf Hamburg zukommt
Die Konsequenzen des Beschlusses sind gewaltig:
Heizungswende: Bis 2040 müssen sämtliche Gas- und Ölheizungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden ersetzt werden. Das gesamte Gasnetz soll stillgelegt werden.
Verkehrsrevolution: Flächendeckendes Tempo 30 und eine deutliche Reduktion des Autoverkehrs in der gesamten Stadt.
Industrie unter Druck: Unternehmen müssen komplett auf Wasserstoff oder E-Fuels umstellen – Technologien, die derzeit noch gar nicht in ausreichendem Maß verfügbar sind.
Wohnkosten-Explosion: Die Wohnungswirtschaft warnt vor drastischen Mietsteigerungen. Allein die städtische Saga veranschlagt 1,5 Milliarden Euro Investitionsbedarf.
Politisches Beben in der Hansestadt
Für den rot-grünen Senat ist das Ergebnis ein schwerer Schlag. Die Strategie des „Aussitzens“ – oder wie es intern hieß: der „asymmetrischen Demobilisierung“ – ist spektakulär gescheitert. Der Senat wollte die Debatte klein halten, um das Volksbegehren am Quorum scheitern zu lassen. Doch die Gegenkampagne der Initiative, unterstützt von professionellen Werbeclips, Social-Media-Kampagnen und prominenten Unterstützern, mobilisierte die Wähler in letzter Minute.
Nun steht der Senat unter enormem Druck. Bürgermeister Tschentscher muss die Umsetzung der verschärften Klimaziele verantworten – gegen den Widerstand aus Teilen der Wirtschaft und möglicherweise auch aus der eigenen Koalition. Denn: Die Grünen stehen in dieser Frage tief gespalten. Während der Landesverband die Initiative offen unterstützte, votierte die grüne Rathaus-Fraktion dagegen. Ein Konflikt, der das Bündnis mit der SPD in den kommenden Monaten massiv belasten dürfte.
Fazit
Hamburg hat sich für einen mutigen, aber riskanten Weg entschieden. Der Volksentscheid ist ein Signal an ganz Deutschland – und ein Weckruf für die Politik. Ob die Stadt am Ende als Vorreiter der Klimawende oder als warnendes Beispiel dasteht, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.


