Größte Hepatitis-A-Welle seit fast 50 Jahren

Prag. Tschechien erlebt derzeit den schwersten Hepatitis-A-Ausbruch seit Jahrzehnten. Was zunächst als begrenztes Gesundheitsproblem in sozialen Randgruppen erschien, hat sich zu einer landesweiten Epidemie entwickelt, die längst die breite Bevölkerung erreicht hat. Die Infektionszahlen steigen weiter – trotz intensiver Hygienemaßnahmen, Aufklärungskampagnen und gezielter Impfangebote. Besonders brisant: Auch touristische Hotspots und Regionen nahe der deutschen Grenze sind betroffen.

Bereits im November 2025 hatten die tschechischen Behörden Alarm geschlagen. In Prag wurden zusätzliche Desinfektionsspender installiert, Informationskampagnen gestartet und Impfaktionen ausgeweitet. Doch die erhoffte Eindämmung blieb aus. Seit Jahresbeginn haben sich nach offiziellen Angaben fast 2900 Menschen mit dem Hepatitis-A-Virus infiziert, mindestens 31 Erkrankte sind gestorben. Epidemiologen warnen, dass der Höhepunkt der Epidemie noch nicht erreicht ist. Die Infektionskurve zeige weiterhin nach oben, erklärte Kateřina Fabiánová vom Staatlichen Gesundheitsamt.

Besonders betroffen sind neben der Hauptstadt Prag auch umliegende Regionen sowie Orte in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze. Im Erzgebirge etwa weist der Skiort Boží Dar, nur wenige Kilometer vom sächsischen Oberwiesenthal entfernt, eine hohe Inzidenz auf. Damit rückt die Epidemie auch für deutsche Urlauber und Tagesgäste zunehmend in den Fokus. Gesundheitsbehörden beobachten die Entwicklung mit Sorge, da sich das Virus über Reisen und grenzüberschreitende Mobilität weiter verbreiten kann.

Hepatitis A ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die eine akute Leberentzündung verursacht. Anders als Atemwegserkrankungen wird sie nicht über die Luft übertragen, sondern vor allem durch Schmierinfektionen. Verunreinigte Hände, Oberflächen oder Lebensmittel reichen aus, um das Virus weiterzugeben. Entscheidend ist daher die Hygiene. Gerade dort, wo viele Menschen zusammenkommen, steigt das Risiko erheblich.

In Tschechien begann die aktuelle Welle Anfang 2025 zunächst unter Wohnungslosen sowie alkohol- und drogenabhängigen Menschen. Diese Gruppen haben oft eingeschränkten Zugang zu sanitären Einrichtungen und sind besonders gefährdet. Die Behörden reagierten mit kostenlosen Impfangeboten und verstärkten Testungen in Zusammenarbeit mit Sozialdiensten. Doch inzwischen zeigt sich deutlich: Rund drei Viertel der Infektionen lassen sich nicht mehr auf klassische Risikogruppen zurückführen. In Prag etwa betraf im November nur ein kleiner Teil der neu gemeldeten Fälle obdachlose Menschen. Das Virus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Ein besonderes Augenmerk liegt derzeit auf den Weihnachtsmärkten. Orte, die für festliche Stimmung stehen, entwickeln sich in der aktuellen Lage zu potenziellen Infektionsherden. Der traditionsreiche Weihnachtsmarkt auf dem Prager Altstädter Ring zieht jedes Jahr Zehntausende Besucher an. Gedränge, gemeinsames Essen und kalte, feuchte Witterung bieten dem Virus ideale Bedingungen. Hepatitis-A-Erreger gelten als äußerst widerstandsfähig und können auf Oberflächen lange überleben.

Die Gesundheitsbehörden haben deshalb gezielt Kommunen und Marktbetreiber sensibilisiert. Desinfektionsstationen wurden aufgestellt, Informationsmaterial verteilt. Ob diese Maßnahmen ausreichen, ist jedoch offen. Zwar haben sich die Neuinfektionen in Prag zuletzt leicht stabilisiert, doch Entwarnung will niemand geben. Zu groß ist die Sorge, dass das Virus gerade in der Hochphase des Weihnachtsreiseverkehrs erneut Fahrt aufnimmt.

Für Reisende und Anwohner gilt daher erhöhte Vorsicht. Gründliches Händewaschen, der bewusste Umgang mit Lebensmitteln und gegebenenfalls eine Impfung sind zentrale Schutzmaßnahmen. Die Epidemie in Tschechien zeigt eindrücklich, wie schnell sich eine Infektionskrankheit aus vermeintlichen Randbereichen in den Alltag der gesamten Gesellschaft ausbreiten kann – und wie hoch der Preis ist, wenn sie außer Kontrolle gerät.

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