Fälle von Kindeswohlgefährdung steigen

Die Zahl der registrierten Fälle von Kindeswohlgefährdung in Deutschland ist erneut deutlich gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, stellten die Jugendämter im Jahr 2024 bei rund 72.800 Kindern und Jugendlichen eine Gefährdung ihres Wohls fest. Damit erhöht sich die Zahl der bekannten Fälle bereits zum dritten Mal in Folge und liegt fast ein Drittel höher als noch vor fünf Jahren. Die Statistik umfasst Vernachlässigung ebenso wie psychische, körperliche und sexuelle Gewalt.

Auch im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich ein klarer Anstieg. Für 2023 waren zunächst 63.700 Fälle gemeldet worden, nachträgliche Schätzungen gehen jedoch von insgesamt rund 67.300 betroffenen Kindern und Jugendlichen aus. Grund für die Unsicherheit sind fehlende Daten einzelner Jugendämter. Unabhängig davon sehen Fachleute in der Entwicklung ein alarmierendes Signal für die Belastung von Familien und die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe.

Besonders betroffen sind sehr junge Kinder. Nach Angaben der Statistiker war im vergangenen Jahr etwa jedes zweite gefährdete Kind jünger als neun Jahre, jedes dritte sogar unter sechs Jahre alt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Kindeswohlgefährdung häufig dort beginnt, wo Kinder sich noch kaum selbst schützen oder Hilfe suchen können.

In drei von vier Fällen ging die Gefährdung ausschließlich oder überwiegend von einem Elternteil aus. Deutlich seltener waren Stiefeltern oder neue Partnerinnen und Partner von Eltern beteiligt. In etwa sechs Prozent der Fälle stammte die Gefährdung von anderen Personen wie Verwandten, Pflegeeltern, Trainerinnen oder Erziehern. Die meisten betroffenen Kinder lebten weiterhin im elterlichen Haushalt, entweder bei beiden Eltern oder bei einem alleinerziehenden Elternteil. Ein kleinerer Teil wuchs in Patchwork-Familien auf oder lebte in Heimen, bei Verwandten oder an anderen Orten.

Auffällig ist zudem, dass in etwa jedem dritten Fall mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft war und in der Familie nicht überwiegend Deutsch gesprochen wurde. Das Statistische Bundesamt weist jedoch darauf hin, dass daraus keine direkten Rückschlüsse auf Ursachen gezogen werden können. Fachstellen betonen vielmehr, dass soziale Belastungen, Armut, psychische Erkrankungen und fehlende Unterstützungsangebote zentrale Risikofaktoren darstellen.

Der erneute Anstieg der Fallzahlen verstärkt den Druck auf Politik und Jugendhilfe, Prävention und frühe Hilfen weiter auszubauen. Experten fordern mehr niedrigschwellige Angebote für Familien, bessere personelle Ausstattung der Jugendämter und eine stärkere Vernetzung von Kitas, Schulen und Beratungsstellen, um Gefährdungen früher zu erkennen und Kinder wirksam zu schützen.

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