Österreich schiebt wieder nach Syrien ab

Foto: Israel Defense Forces/CC BY 2.0

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Österreich hat als erstes EU-Land seit Jahren einen syrischen Asylbewerber direkt in dessen Heimat abgeschoben. Der 32-Jährige wurde am Mittwoch unter strengster Geheimhaltung via Istanbul nach Damaskus gebracht. Innenminister Gerhard Karner sprach am Donnerstag von einem „wichtigen Signal“ für die europäische Asylpolitik – und einem Erfolg für den österreichischen Kurs: „hart, streng, konsequent, aber gerecht“.

Straftäter ohne Asylstatus – Einzelfall mit Signalwirkung

Der abgeschobene Mann war 2018 wegen krimineller Delikte zu sieben Jahren Haft verurteilt worden und verlor damit automatisch seinen Asylstatus. Nach seiner Freilassung im Dezember 2023 wurde er erneut verurteilt und kam in Abschiebehaft. Laut Medien soll er zudem für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) geworben haben.

Ein erster Abschiebeversuch war aufgrund von Luftraumsperrungen im Nahen Osten gescheitert, doch Syrien stellte erneut eine Einreisebewilligung aus – ohne formelles Rücknahmeabkommen. Möglich wurde die Rückführung offenbar durch diplomatische Kontakte: Innenminister Karner hatte im April in Damaskus den neuen syrischen Innenminister getroffen und die Zusammenarbeit vorbereitet.

EGMR sieht keine ernsthafte Gefahr

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) lehnte den Eilantrag des Mannes gegen seine Abschiebung einstimmig ab. Die Straßburger Richter kamen zu dem Schluss, dass dem Mann in Syrien kein „nicht wiedergutzumachender Schaden“ drohe – eine Einschätzung, die einen möglichen Wendepunkt in der europäischen Asylpraxis darstellen könnte.

Scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Flüchtlingsorganisationen wie Asylkoordination übten deutliche Kritik an der Abschiebung. Die Rückführung sei ohne Information der Anwälte erfolgt, was rechtliche Bedenken aufwerfe. Zudem sei die Lage in Syrien weiterhin instabil – der Abgeschobene sei durch das Assad-Regime ebenso gefährdet wie durch seine mutmaßlich ehemaligen IS-Kontakte.

Ein Fall mit europaweiter Bedeutung

Juristen wie Walter Obwexer, Europarechtsexperte der Universität Innsbruck, bewerten den Fall als möglichen Präzedenzfall. Wenn der EGMR in diesem Fall keine menschenrechtlichen Bedenken sieht, könnten auch andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention künftig direkte Rückführungen nach Syrien prüfen – zumindest bei schweren Straftätern.

Weitere Abschiebungen angekündigt

Innenminister Karner kündigte an, dass „weitere Rückführungen von Gefährdern und Straftätern“ folgen sollen. Ob dies der Beginn einer Neuausrichtung europäischer Rückführungspolitik ist, wird sich zeigen – der erste Stein ist jedenfalls gefallen.

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