Wieder mehr Medikamente für Kinder verfügbar

Berlin. Deutschland kämpft weiter mit Lieferengpässen bei wichtigen Arzneimitteln. Zwar zeigt sich bei Medikamenten für Kinder eine spürbare Entspannung, doch insgesamt verschärft sich die Lage. Besonders kritisch ist die Versorgung mit essenziellen Wirkstoffen wie Krebsmedikamenten oder bestimmten Antibiotika, warnt der Pharmaverband Pro Generika in einer neuen Analyse.

Die Maßnahmen des Lieferengpassbekämpfungsgesetzes, das die Bundesregierung im Sommer 2023 gegen die Engpasskrise auf den Weg gebracht hatte, greifen demnach nur punktuell. Während gelockerte Preisvorgaben und neue Vorratspflichten die Kinderarzneimittel-Produktion stabilisiert haben, bleibt die Versorgung bei komplexen und lebenswichtigen Medikamenten angespannt. Der Verband spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung: Immer mehr Wirkstoffe, die als versorgungskritisch eingestuft sind, seien schlicht nicht verfügbar.

Ein Kernproblem bleibt laut Studie der Mangel an europäischer Produktion. Nur rund die Hälfte der ausgeschriebenen Antibiotika und Krebsmittel geht an Hersteller aus Europa. Investitionen in neue oder erweiterte Fertigungsstätten würden weiterhin ausbleiben. Gleichzeitig existieren für viele essenzielle Antibiotika nur noch einzelne Produktionsstandorte außerhalb Europas. Deutschland ist bei einer Vielzahl von Wirkstoffen auf China und Indien angewiesen – ein Risiko, das sich bereits in den vergangenen Jahren mehrfach bemerkbar gemacht hat, etwa bei Schmerzmitteln oder Diabetespräparaten.

Bei Kinderarzneien zeigt sich dagegen ein Lichtblick. Die Zahl der Engpässe ist spürbar gesunken, auch weil Rabattverträge und Festbeträge für diesen Bereich ausgesetzt wurden. Hersteller wie Teva, Mutterkonzern von Ratiopharm, berichten, dass einst unprofitabel gewordene Medikamente wie Fiebersäfte nun wieder kostendeckend produziert werden können. Allerdings sei die Struktur weiterhin fragil: Noch immer stammen rund 60 Prozent der Kinderarzneien von nur einem einzigen Anbieter. Ein Produktionsausfall hätte entsprechend dramatische Folgen.

Der Verband Pro Generika kritisiert den hohen Kostendruck im deutschen Arzneimittelsystem. Viele Unternehmen könnten steigende Rohstoff-, Energie- und Logistikkosten nicht über einen höheren Verkaufspreis ausgleichen. Angesichts internationaler Wettbewerbsbedingungen werde die Produktion in Europa zunehmend unattraktiv. Um die Versorgung langfristig zu sichern, fordert die Branche Entlastungen auch für versorgungskritische Arzneimittel außerhalb des Kinderbereichs. Finanzierbar wäre das nach Angaben des Verbands allemal. Die bisher angefallenen Mehrkosten lägen im niedrigen Millionenbereich und damit weit unter den ursprünglich angenommenen Belastungen.

Die Bilanz des Berliner Forschungsinstituts Iges, das den Bericht erstellt hat, fällt entsprechend ernüchternd aus: Ohne eine grundlegende Stärkung europäischer Produktionsketten wird Deutschland weiterhin anfällig für Lieferausfälle und globale Störungen bleiben. Die Politik muss nun entscheiden, ob sie die Versorgungssicherheit zur Priorität macht – oder ob die Engpasskrise zur Dauersituation wird.

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