Mehr als sieben Wochen nach dem massiven Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel liegt nun ein offizieller Untersuchungsbericht vor. Demnach war eine Überspannung im Stromnetz Hauptursache für den stundenlangen Blackout am 1. April, der weite Teile Spaniens und Portugals lahmlegte. Wie Spaniens Vizeregierungschefin und Umweltministerin Sara Aagesen in Madrid mitteilte, führte die zu hohe Spannung zu einer Kettenreaktion von Schutzabschaltungen. Hinweise auf einen Cyberangriff wurden dabei ausgeschlossen.
Versäumnisse auf mehreren Ebenen
Zwei Hauptverantwortliche macht der Bericht aus: den spanischen Netzbetreiber Red Eléctrica sowie die Betreiber konventioneller Kraftwerke. Red Eléctrica habe bei der Stromplanung „nicht mit der nötigen Vorsicht“ gehandelt, so Aagesen. Kritisiert wird vor allem, dass zu wenige rotierende Erzeugungsanlagen – wie Turbinen in klassischen Kraftwerken – eingeplant waren, die Überspannungen besser kompensieren können als Solar- und Windkraftanlagen.
Zudem hätten sich auch Betreiber von Atom-, Wasser- und Kombikraftwerken „unsachgemäß“ verhalten. Sie nahmen zu wenig Spannung aus dem Netz auf, manche Anlagen schalteten sich sogar ab – entgegen der vorgeschriebenen Netzrichtlinien.
Warum es zu dieser Doppel-Fehlsteuerung kam, bleibt bisher unklar. Aagesen sprach lediglich von mangelnder Koordination, unklaren Verantwortlichkeiten und zu wenig Transparenz im System.
Energiewende verlangt neue Stabilitätslösungen
Der Vorfall rückt die Herausforderungen der Energiewende in den Fokus. Mit dem wachsenden Anteil volatiler Stromquellen wie Wind und Sonne steigt der Bedarf an Maßnahmen zur Netzstabilisierung. Experten der Bundesnetzagentur verweisen auf den Einsatz von Synchronkondensatoren – große rotierende Maschinen, die die trägheitsstabilisierende Wirkung klassischer Kraftwerke simulieren.
Auch sogenannte intelligente Wechselrichter in Solar- und Windanlagen können helfen, indem sie aktiv Spannung und Frequenz regeln. Große Batteriespeicher gelten als weiteres wichtiges Element – sie können in Sekundenbruchteilen Strom einspeisen oder aufnehmen und so Spannungsspitzen ausgleichen.
Der Bericht macht deutlich: Die Energiewende braucht nicht nur mehr erneuerbare Quellen – sondern vor allem ein modernes, vorausschauend gesteuertes Netz.