Linkspartei-Bezirksverband bedroht Apollo News

Symbolbild. Foto: KI

Symbolbild. Foto: KI

Berlin-Treptow. In einem unscheinbaren Nachbarschaftszentrum versammeln sich rund siebzig Menschen. Auf den Stühlen liegen Flugblätter mit dem Aufruf „Rechten Medien auf die Tasten treten“. Daneben ein Handzettel mit einem Foto des Hauses, in dem die Redaktion des Onlinemediums Apollo News arbeitet – samt Adresse. Was als lokaler Aktivismus erscheinen mag, entpuppt sich als brisanter Angriff auf die Pressefreiheit.

Politische Aktion gegen eine Redaktion

Organisiert wurde die Veranstaltung vom Bezirksverband der Linken Treptow-Köpenick, gemeinsam mit dem VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten). Mit auf der Bühne: eine Vertreterin der Amadeu-Antonio-Stiftung, die jährlich Millionen Euro an Bundesmitteln erhält. Das Thema des Abends lautete: „Apollo News: Die rechte Redaktion in unserem Kiez“.

Nach Angaben von Apollo News soll der Ton scharf gewesen sein. Es sei darüber gesprochen worden, „rechtes Gedankengut aus den Köpfen zu treiben“ und der Redaktion „auf den Sack zu gehen“. Von demokratischem Dialog also keine Spur – stattdessen eine Atmosphäre gezielter Feindmarkierung.

Aufrufe zur Behinderung journalistischer Arbeit

Der Bezirksvorsitzende der Linken, Moritz Warnke, soll laut einem Bericht dazu aufgerufen haben, die Arbeit der Redaktion aktiv zu behindern – etwa durch Kundgebungen, Störungen von Veranstaltungen oder Druck auf den Vermieter. Besonders heikel: Auf den verteilten Flyern wurde die Adresse der Redaktion öffentlich gemacht – ein Schritt, der als Versuch gewertet werden kann, Einschüchterung zu erzeugen.

Beteiligung der Amadeu-Antonio-Stiftung

Unter den Rednerinnen befand sich auch Kira Ayyadi, Journalistin bei Belltower.News, einer Plattform der Amadeu-Antonio-Stiftung. Sie sprach laut Teilnehmern darüber, warum es wichtig sei, sich „gegen Apollo News zu wehren“. Damit rückte die Stiftung – zumindest indirekt – in die Nähe eines Vorgehens, das sie offiziell ablehnt.

Auf Nachfrage der Berliner Zeitung erklärte ein Sprecher der Stiftung, Ayyadi habe als „Expertin“ über die Rolle von Apollo News in der rechts-alternativen Medienlandschaft gesprochen. Die Stiftung betonte zugleich: „Gewalt darf niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Der Schutz der Pressefreiheit ist ein unverhandelbares Grundrecht.“

Doch diese Distanzierung bleibt zwiespältig. Denn die Teilnahme an einer Veranstaltung, auf der gezielt zur Störung journalistischer Arbeit aufgerufen wird, steht im offenen Widerspruch zu dem eigenen Anspruch, „Demokratie und Dialog“ zu fördern.

Schweigen der Linken

Auf Presseanfragen reagierten die Verantwortlichen weitgehend mit Schweigen. Weder der Bezirksverband Treptow-Köpenick noch Gregor Gysi, in dessen Wahlkreis die Vorfälle stattfanden, äußerten sich. Der Bundesverband der Linken bat zunächst um Fristverlängerung – und schwieg dann ebenfalls. Keine Klarstellung, keine Abgrenzung.

Gerade für eine Partei, die sich als Stimme gesellschaftlicher Minderheiten und als Garant demokratischer Teilhabe versteht, ist dieses Schweigen bemerkenswert. Wer für Meinungsfreiheit eintritt, muss sie auch dann verteidigen, wenn sie unbequeme Stimmen schützt.

Mehr als ein lokaler Skandal

Der Vorfall in Treptow berührt eine Grundfrage der Demokratie: Gilt die Pressefreiheit nur für genehme Meinungen? Wenn politische Organisationen und staatlich geförderte Stiftungen gemeinsam gegen ein Medium mobilisieren, verschwimmen die Grenzen zwischen Demokratieförderung und Demokratiegefährdung.

Pressefreiheit bedeutet nicht Zustimmung – sie bedeutet Vielfalt. Sie schützt auch jene, die provozieren, kritisieren oder anecken. Eine Gesellschaft, die Meinungsfreiheit selektiv anwendet, schwächt ihre eigene demokratische Substanz.

Zwischen Moral und Macht

Was in Treptow geschah, ist mehr als ein Streit um ein Onlineportal. Es ist ein Symptom einer politischen Kultur, in der moralische Gewissheit zunehmend kritische Auseinandersetzung ersetzt. Wo der Anspruch, Demokratie zu schützen, in den Versuch umschlägt, abweichende Stimmen mundtot zu machen, wird das Grundrecht zur Waffe.

Die Demokratie verliert nicht durch ihre Gegner – sie verliert, wenn ihre Verteidiger anfangen, sie zu instrumentalisieren.

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