Die extreme Hitzewelle in Frankreich zwingt den staatlichen Energiekonzern EDF zu drastischen Maßnahmen: Am späten Sonntagabend wurde ein Atomkraftwerk im Süden des Landes vollständig abgeschaltet. Grund ist der zunehmende Temperaturanstieg des Flusses Garonne, aus dem das Kraftwerk sein Kühlwasser bezieht. Mit der Maßnahme soll eine Überhitzung des Flusses verhindert und ein ökologisches Ungleichgewicht vermieden werden.
Atomstrom gedrosselt – auch Schweiz betroffen
Parallel zur Abschaltung wurde die Leistung des westfranzösischen Atomkraftwerks Blayais deutlich reduziert. Auch in der Schweiz reagierten Betreiber auf die Hitze: Der Energiekonzern Axpo drosselte die Leistung seiner beiden Reaktorblöcke auf etwa 50 Prozent. Bei weiter anhaltender Hitze sei sogar ein vollständiges Herunterfahren möglich, so das Unternehmen.
Diese Entwicklungen zeigen ein wachsendes Dilemma: Ausgerechnet bei steigender Stromnachfrage – etwa für Klimaanlagen – muss die Stromproduktion gedrosselt werden, weil die natürlichen Kühlprozesse der Reaktoren versagen.
Strompreise explodieren: 76 Cent pro Kilowattstunde möglich
Die Folgen für den Strommarkt sind bereits spürbar. Stromanbieter wie Tibber rechnen mit einem massiven Preisanstieg. Am Dienstagabend wird in der Spitze ein Preis von bis zu 76 Cent pro Kilowattstunde erwartet – ein Wert, der über dem vieler vergangener Winter liegt. Ursache sei die „geringe Winderzeugung und die hitzebedingte Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke“, so Tibber.
Da die europäischen Strommärkte eng miteinander verflochten sind, schlagen die Preissteigerungen auch auf deutsche Verbraucher durch. Frankreich, sonst oft Exporteur günstigen Atomstroms, wird vorübergehend zum Risikofaktor.
Heißes Wasser, kalte Turbinen – das technische Problem
Atomkraftwerke benötigen große Mengen an kaltem Wasser, um die Turbinen effizient zu betreiben. Wird das Wasser aus Flüssen oder Seen jedoch zu warm, verliert es seine Kühlwirkung – die Anlagen werden ineffizient oder müssen abgeschaltet werden. Zusätzlich gibt es gesetzliche Umweltauflagen: Das erwärmte Kühlwasser darf nur bis zu einer bestimmten Temperatur zurück in natürliche Gewässer geleitet werden, um das Ökosystem nicht zu gefährden.
Klimawandel trifft Stromversorgung
Was heute als Ausnahme gilt, könnte in Zukunft zum Regelfall werden. Bereits im Hitzesommer 2022 mussten in Frankreich, der Schweiz und auch in Deutschland mehrere Meiler heruntergefahren werden. Laut EDF machen hitzebedingte Drosselungen zwar bisher nur rund 0,3 Prozent der jährlichen Stromproduktion aus. Doch Experten warnen: Mit zunehmendem Klimawandel könnten längere und häufigere Hitzewellen die Energieversorgung Europas regelmäßig unter Druck setzen.