Im Westen der Türkei sorgt ein ungewöhnlicher Erdbebenschwarm für Besorgnis. Nahe der Stadt Simav in der Provinz Kütahya kam es am Montag zu einer Serie von rund 70 Erdbeben innerhalb weniger Stunden. Das stärkste Beben erreichte eine Magnitude von 3,2. Das Epizentrum lag rund 15 Kilometer nordwestlich von Simav und in einer Tiefe von neun Kilometern. Am Dienstag setzte sich die Erdbebenserie fort, ohne dass bisher größere Schäden gemeldet wurden. Behörden, einschließlich der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD, haben bislang keine offiziellen Stellungnahmen veröffentlicht.
Trotz der vergleichsweise niedrigen Magnitude sind die seismischen Aktivitäten in der Region von geologischer Bedeutung. Simav liegt in einer tektonisch aktiven Zone, die durch die sogenannte Simav-Fault-Zone (SFZ) gekennzeichnet ist, eine geologische Struktur, die sich über 205 Kilometer erstreckt. Diese Zone ist ein wichtiger Teil der Dehnungszone im westlichen Anatolien, einem Gebiet, in dem sich die Erdkruste auseinanderzieht. Solche Zonen sind anfällig für Erdbeben und können auch vulkanische Aktivitäten begünstigen.
Vulkanismus und Erdbeben im Einklang mit geothermischer Aktivität
Ein weiterer Aspekt, der das geologische Geschehen in der Region von Simav interessant macht, ist die hohe geothermische Aktivität. In der Umgebung befindet sich eines der bedeutendsten Geothermiefelder der Türkei, das Simav-Geothermiefeld. Hier wird unterirdisches Wasser mit Temperaturen zwischen 160 und 250 Grad Celsius zirkuliert, was durch die Bewegung von Erdwärme und Wasserdampf aus den Tiefen der Erde begünstigt wird.
Wissenschaftler vermuten, dass die aktuelle Erdbebenserie nicht nur durch tektonische Prozesse, sondern auch durch die geothermische Aktivität beeinflusst wird. Die Bewegung von heißen, flüssigen Gesteinsmassen entlang von Rissen in der Erdkruste könnte Spannungen erzeugen, die sich in einer Reihe kleinerer Beben entladen. Diese geodynamische Interaktion zwischen tektonischen Kräften und geothermischer Wärme könnte also das Verhalten des aktuellen Erdbebenschwarms erklären.
Erdbebengeschichte: Warnung vor stärkerer Aktivität
Die Region Simav ist nicht zum ersten Mal von Erdbeben betroffen. Im Mai 2011 forderte ein Erdbeben mit einer Magnitude von 5,8 in der Region zwei Todesopfer und mehr als hundert Verletzte. Mehr als 450 Nachbeben folgten in den Wochen danach. Experten warnen, dass auch die aktuellen Beben Teil eines größeren geologischen Prozesses sein könnten, der noch größere seismische Ereignisse zur Folge haben könnte.
Obwohl die derzeitige Bebenserie schwächer als das Erdbeben von 2011 ist, bleibt die Gefahr bestehen. Simav liegt in einer der aktivsten geologischen Zonen der Türkei, und der anhaltende Erdbebenschwarm könnte Vorboten für eine stärkere Aktivität sein. Die Behörden raten daher zur Vorsicht und zur Beobachtung weiterer Entwicklungen.