Amis wollen deutsche Atomkraftwerke reaktivieren

Foto: Felix König/CC BY-SA 3.0

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Berlin. Die Debatte um eine Rückkehr zur Kernenergie in Deutschland nimmt überraschend neue Fahrt auf: Amerikanische Unternehmen zeigen starkes Interesse an einer Wiederinbetriebnahme stillgelegter deutscher Atomkraftwerke. Hinter den Plänen stehen Investoren, Nuklearexperten – und ein möglicher politischer Kurswechsel in Berlin.

Im traditionsreichen „Hotel de Rome“ in Berlin trafen sich am Donnerstag Vertreter aus Politik, Energiebranche und Nuklearwirtschaft, um ein heißes Eisen anzupacken: Könnten Deutschlands AKW – nur ein Jahr nach dem beschlossenen Ausstieg – doch wieder ans Netz gehen? Im Zentrum der Debatte: Mark Nelson, Nuklearingenieur aus Chicago und Gründer der Radiant Energy Group. Der US-Amerikaner sieht in Deutschlands abgeschalteten Meilern ein „energiepolitisches Juwel“. „Es gibt weltweit keine günstigere Stromquelle als eure bereits abgeschriebenen Atomkraftwerke“, so Nelson gegenüber BILD. Sein Konsortium plant, die Reaktoren mit privaten Mitteln und Know-how aus den USA zurückzuholen – inklusive Investoren.

„Energieausstieg zur Unzeit“

Nelson kritisiert scharf: Der Rückzug aus der Atomkraft sei wirtschaftlich wie strategisch unklug – insbesondere angesichts des rasanten Wachstums von Künstlicher Intelligenz. „Gerade als ChatGPT durchstartete – und damit der Strombedarf für Rechenzentren explodierte – habt ihr die zuverlässigsten Kraftwerke der Welt abgeschaltet.“

Tatsächlich wird derzeit über massive Investitionen in fossile Reservekraftwerke diskutiert: Deutschland plant den Bau neuer Gaskraftwerke für rund 20 Milliarden Euro – um die Grundlast nach dem Kohleausstieg zu sichern. Währenddessen lieferten Erneuerbare Energien im ersten Quartal 2025 nur rund 47 Prozent des Strombedarfs – ein Wert, der allein keine Versorgungssicherheit garantiert.

Rückendeckung von höchster Stelle

Fatih Birol, Präsident der Internationalen Energieagentur (IEA) und einer der einflussreichsten Energieökonomen weltweit, rechnet mit einer Rückkehr der Kernenergie. „Ein Comeback ist realistisch“, sagt Birol zu BILD. Deutschland werde langfristig nicht auf speicherfähige Erneuerbare und Kernkraft verzichten können – auch aus wirtschaftlichen Gründen.

Besonders Small Modular Reactors (SMR) gelten als Hoffnungsträger für eine moderne, flexiblere Atomkraft. Und hier bewegt sich überraschend auch Berlin: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zeigte sich in Brüssel offen für eine EU-Förderung der Mini-Reaktoren – ein klarer Bruch mit der bisherigen deutschen Linie.

Kehrtwende im Kanzleramt?

Kanzler Friedrich Merz (CDU) erwägt zudem, den Widerstand gegen eine EU-weite Einstufung der Kernkraft als nachhaltige Energieform aufzugeben – ein politisches Signal mit Sprengkraft. Frankreich hat längst auf Atom gesetzt und will dies auch in der EU-Taxonomie festschreiben. Bislang hatte Deutschland blockiert.

Ministerin Reiche betonte in Brüssel: „Jede Tonne CO₂, die wir einsparen können, zählt. Technologieoffenheit muss unser Leitprinzip sein.“

Atom-Comeback auf leisen Sohlen

Was sich hier anbahnt, könnte die energiepolitische Landschaft Deutschlands tiefgreifend verändern. Die Wiederinbetriebnahme deutscher Atomkraftwerke, unterstützt von US-Kapital und internationalem Expertenrat, ist längst kein utopisches Szenario mehr. Die Frage ist nicht mehr ob – sondern wie schnell sich die deutsche Politik zu einer energiepolitischen Kurskorrektur durchringen wird.

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