Inmitten wachsender geopolitischer Spannungen vollzieht Dänemark einen tiefgreifenden Kurswechsel in seiner Verteidigungspolitik: Erstmals werden ab 2026 auch Frauen verpflichtet, Wehrdienst zu leisten. Das beschloss das dänische Parlament Anfang Juni. Gleichzeitig wird die Dauer des Grundwehrdienstes von bisher vier auf elf Monate verlängert – ein drastischer Schritt, begründet mit der verschärften Sicherheitslage in Europa.
Wehrpflicht wird geschlechterneutral – aus freiwilliger Option wird Pflicht
Bislang konnten Frauen in Dänemark nur freiwillig Wehrdienst leisten. Ab 2026 wird der Dienst auch für Frauen verpflichtend: Wer dann 18 Jahre alt wird, kann per Los eingezogen werden – genauso wie bisher schon Männer. Bisher beteiligte sich rund ein Viertel der Wehrdienstleistenden freiwillig, nun wird das System ausgeweitet.
Reaktion auf russische Aggression – Verteidigungspolitik im Wandel
Dänemark reagiert mit massiven Aufrüstungsplänen – darunter ein sechs Milliarden Euro schwerer Verteidigungsfonds und ein Anstieg der Militärausgaben auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Aktuell zählt Dänemark etwa 9000 Berufssoldaten. Mit der Reform soll die Zahl der jährlich Dienstleistenden auf bis zu 6500 steigen. Fünf Monate Grundausbildung plus sechs Monate Einsatztraining sollen künftig den neuen Standard für Wehrpflichtige bilden – eine Verdopplung des bisherigen Dienstzeitraums. Das Ziel: „mehr Kampfkraft“, wie es Oberst Kenneth Strøm vom Wehrpflichtprogramm auf den Punkt bringt.
Von der Ausnahme zur Regel: Skandinavien als Vorbild
Dänemark folgt damit dem Weg seiner skandinavischen Nachbarn: In Norwegen ist die Wehrpflicht bereits seit 2015 geschlechterneutral, Schweden zog 2017 nach. Nun folgt auch das Königreich südlich des Skagerraks – ein Schritt, der politisch breit getragen wird, aber auch logistische Herausforderungen mit sich bringt.
Herausforderungen: Infrastruktur, Ausstattung, Gleichstellung
Die Umsetzung ist jedoch komplex. Es fehlen Unterkünfte, Ausrüstung und es gibt Bedenken hinsichtlich des Umgangs mit sexueller Belästigung. „In den nächsten Jahren müssen wir massiv investieren, um alle Wehrpflichtigen unterzubringen“, sagt Rikke Haugegaard vom Royal Danish Defence College. Dennoch sieht sie in der Reform ein klares Signal: Dänemark meint es ernst mit der Verteidigung seiner Sicherheit.
Dänemark rüstet auf – mit Gleichberechtigung in der Kaserne
Mit der Einführung einer geschlechterneutralen Wehrpflicht positioniert sich Dänemark nicht nur sicherheitspolitisch neu, sondern auch gesellschaftlich. In Zeiten wachsender Bedrohungen zeigt das Land, dass Gleichberechtigung nicht an der Kasernentür endet – und dass Verteidigung heute eine gemeinsame Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger ist.