„Zombie-Vulkan“ Uturuncu: Entlüftung statt Ausbruch

Foto: rodoluca/CC BY-SA 3.0

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Bolivien. Im Südwesten Boliviens erhebt sich der Vulkan Uturuncu, scheinbar friedlich und längst erloschen – doch der Schein trügt. Seit über 250’000 Jahren hat er keine Eruption mehr erlebt. Trotzdem zeigen aktuelle Messungen, dass unter seiner Oberfläche noch immer Bewegung herrscht. Forschende sprechen deshalb vom Phänomen des „Zombie-Vulkans“: Ein Vulkan, der seit Jahrtausenden nicht mehr ausgebrochen ist, aber dennoch Anzeichen innerer Aktivität zeigt.

Ein Vulkan mit geheimnisvollen Regungen

Uturuncu liegt in den bolivianischen Anden und gilt geologisch als erloschen. Doch seismische Aktivitäten, Gasemissionen und Veränderungen an der Erdoberfläche deuten darauf hin, dass es unter der Oberfläche keineswegs ruhig ist. Rund um den Vulkan hat sich eine ringförmige Hebung gebildet, die an die Form eines Sombreros erinnert – ein Zeichen dafür, dass sich der Boden langsam, aber stetig hebt. Etwa ein Zentimeter pro Jahr wächst der Kraterbereich – eine erstaunliche Veränderung für einen Vulkan, der angeblich inaktiv ist.

Die Suche nach Antworten im Erdinneren

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten verstehen, ob diese Aktivitäten ein bevorstehendes Erwachen des Vulkans ankündigen – oder ob es sich lediglich um harmlose Nachwirkungen alter Prozesse handelt. Um das herauszufinden, analysierte ein internationales Forschungsteam Daten von knapp 2’000 Erdbeben, die sich in der Region ereignet hatten. Zusätzlich untersuchten sie die chemische Zusammensetzung und Struktur des Gesteins rund um den Vulkan.

Schon länger war bekannt, dass sich unter dem Uturuncu der weltweit größte bekannte Magmakörper befindet – eine gigantische Ansammlung geschmolzenen Gesteins. Ebenfalls bekannt war, dass Gase und Flüssigkeiten eine zentrale Rolle in der vulkanischen Aktivität spielen. Wie diese sich jedoch im Untergrund bewegen, war bislang ein Rätsel.

Ein hydrothermales Netzwerk als Ursache

Die neuen Erkenntnisse bringen Licht ins Dunkel. Die Forschenden fanden heraus, dass unter dem Vulkan ein komplexes hydrothermales System existiert. In diesem Netzwerk steigen Gase und Flüssigkeiten aus dem Magma-Reservoir langsam nach oben. Auf ihrem Weg verändern sie die physikalischen und chemischen Eigenschaften des umgebenden Gesteins: Sie beeinflussen die elektrische Leitfähigkeit, verändern die lokale Gravitation und führen zu leichten, aber messbaren Erdbeben. Auch an der Oberfläche hinterlassen sie Spuren – etwa durch den Austritt von Gasen oder das Wachstum des Kraters.

Entwarnung: Kein Ausbruch in Sicht

Trotz der messbaren Veränderungen geben die Forschenden Entwarnung. Ein Ausbruch sei derzeit nicht zu erwarten, betonen sie. «Wir sehen keinerlei Anzeichen für eine bevorstehende Eruption», erklärt Mike Kendall von der Universität Oxford, einer der Co-Autoren der Studie, gegenüber CNN. Vielmehr deute alles darauf hin, dass der Vulkan sich quasi «entlüftet» – dass er inneren Druck abbaut und sich dadurch stabilisiert. Der Vergleich mit einem Dampfkochtopf liegt nahe: Es zischt, aber es droht kein Überdruck.

Was Zombie-Vulkane über unseren Planeten verraten

Der Uturuncu ist kein Einzelfall. Weltweit sind rund 50 solcher «Zombie-Vulkane» bekannt – also Vulkane, die seit vielen Jahrtausenden nicht mehr ausgebrochen sind, aber im Inneren weiterhin Aktivität zeigen. Bei manchen entweichen heiße Gase, andere speisen Thermalquellen oder zeigen ähnliche Bodenhebungen wie Uturuncu. Die neuen Erkenntnisse aus Bolivien helfen, diese stillen Riesen besser zu verstehen.

Denn auch wenn sie nicht unmittelbar gefährlich sind, bieten sie einen einzigartigen Einblick in die dynamischen Prozesse tief im Erdinneren. Sie erinnern uns daran, dass unser Planet lebt – und dass selbst lange erloschene Vulkane noch ein Echo vergangener Kräfte in sich tragen.

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