Berlin. Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz vollzieht einen deutlichen Strategiewechsel in der Ukraine-Politik: Künftig sollen Waffenlieferungen an Kiew nicht mehr öffentlich gemacht werden. Damit weicht Berlin von seinem bisherigen Kurs ab, militärische Unterstützung transparent aufzulisten und zu kommunizieren.
Neue Strategie der Verschwiegenheit
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, wird die Regierung in Zukunft zurückhaltender über Art und Umfang der militärischen Hilfe für die Ukraine informieren. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges hatte Deutschland – abgesehen von der ersten Phase – regelmäßig konkrete Angaben zu gelieferten Waffen gemacht, darunter Panzer, Artillerie und Luftabwehrsysteme.
Der neue Kurs gilt als taktischer Schritt im Rahmen einer umfassenderen Kriegsstrategie: Indem man Russland über Art und Menge der Unterstützung im Unklaren lässt, soll der Aggressor in seiner militärischen Einschätzung geschwächt werden. Auch ukrainische Analysten sehen in dieser Verschleierung einen Vorteil für die Verteidigungskräfte Kiews.
Taurus-Lieferung ohne öffentliche Debatte?
Die Diskussion über eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern war unter der vorherigen Regierung ein kontroverses Thema. Ex-Kanzler Olaf Scholz hatte sich mehrfach gegen eine Übergabe ausgesprochen. Friedrich Merz hingegen hatte sich im Wahlkampf offen für eine Lieferung gezeigt.
Die hochmodernen Taurus-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern und schwerer Sprengladung gelten als besonders wertvoll für gezielte Angriffe hinter feindlichen Linien. Sollte die neue Regierung tatsächlich Taurus-Systeme liefern, könnte dies nun im Rahmen der neuen Geheimhaltungsstrategie geschehen – ohne öffentliche Debatten oder politische Auseinandersetzungen im Vorfeld.
Deutschland bleibt wichtiger Militärpartner Kiews
Ungeachtet des neuen Umgangs mit Informationen bleibt Deutschland einer der zentralen Unterstützer der Ukraine. Bereits jetzt hat Berlin umfangreiche militärische Ausrüstung geliefert, darunter Kampfpanzer der Typen Leopard 1A5 und Leopard 2A6, Schützenpanzer Marder, Flugabwehrsysteme vom Typ Gepard sowie schwere Artillerie wie die Panzerhaubitze 2000.
Besonders wertvoll für die ukrainische Verteidigung ist Deutschlands Beitrag im Bereich der Luftabwehr: Mit den Systemen Patriot und IRIS-T samt dazugehöriger Raketen hat Deutschland Kiews Fähigkeit zur Abwehr russischer Luftangriffe entscheidend gestärkt.
Sicherheit geht vor Öffentlichkeit
Die neue Zurückhaltung bei Waffenlieferungen verfolgt nicht nur militärische Ziele, sondern soll auch den öffentlichen Druck im Inland verringern. Insbesondere bei heiklen Waffensystemen wie den Taurus-Raketen hatte es in der Vergangenheit immer wieder politische Kontroversen gegeben.
Mit der Entscheidung, künftig diskreter vorzugehen, will die neue Bundesregierung ihre Handlungsfähigkeit erhöhen – und gleichzeitig vermeiden, durch öffentliche Debatten taktische Informationen an Moskau zu liefern. Die Zeiten öffentlich dokumentierter Lieferlisten scheinen damit vorbei.