Stromnetze in Ostdeutschland unter Druck wie nie

Foto: pixabay.com/Janusz Kanabus

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Der großflächige Stromausfall in Spanien und Portugal im April hat viele Alarmglocken ausgelöst – und auch bei uns wird die Sorge vor einem ähnlichen Blackout laut. Die spanische Regierung machte eine zu hohe Spannung im Netz als Ursache aus. Dort hatten weder Solar- und Windkraftanlagen noch die konventionellen Kraftwerke ausreichend gegengesteuert. Ein Szenario, das auch in Deutschland zumindest teilweise bekannt ist.

Wie sicher ist das deutsche Stromnetz wirklich?

Experten wie Nora Weinhold von Sachsen Energie betonen, dass Deutschlands Stromnetz zu den sichersten weltweit zählt. Das dichte Netz und die starke Vernetzung mit Nachbarländern sorgen für eine stabile Versorgung, so die Sprecherin. Kurze Stromausfälle kommen vor, doch ein flächendeckender und langanhaltender Blackout wie in Südeuropa ist hier bisher sehr unwahrscheinlich.

Auch der regionale Netzbetreiber Mitnetz Strom sieht kein unmittelbares Risiko für ein solches Extremereignis in Deutschland. Denn anders als in Spanien und Portugal kann hier ein zusammenbrechendes Netz schnell über benachbarte Systeme wieder stabilisiert werden.

Ostdeutschland: Vorreiter bei Erneuerbaren – und Sorgenkind beim Netz

Besondere Herausforderungen gibt es vor allem in Ostdeutschland. Dort wird Wind- und Solarstrom stark ausgebaut – doch die Netzinfrastruktur hinkt hinterher. Frank Brinkmann, Vorstandsvorsitzender von Sachsen Energie, warnt: „Die starke Solarstromeinspeisung belastet die Netze erheblich.“ Der dringend benötigte Netzausbau schreitet zwar voran, doch Verzögerungen bei wichtigen Leitungsprojekten bremsen die Stabilität.

Der Netzentwicklungsplan sieht bis 2045 knapp 4.800 Kilometer neue Leitungen vor – doch der Ausbau ist teuer: Allein Mitnetz Strom plant Investitionen von drei Milliarden Euro bis 2030, Sachsen Energie investiert mehrere hundert Millionen. Die Bundesnetzagentur prognostiziert sogar Ausgaben von bis zu 42 Milliarden Euro bis 2032 – andere Studien sprechen von mehreren Hundert Milliarden Euro deutschlandweit.

Politische Prioritäten sorgen für Unmut im Osten

Während der Westen und Süden Deutschlands von der Energiewende profitieren, fühlt sich Ostdeutschland abgehängt. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche plant 40 neue Gaskraftwerke, doch diese sollen vor allem in Industriezentren im Süden gebaut werden. Dort, wo die Nachfrage hoch ist – aber nicht dort, wo dringend Ersatz für alternde Kraftwerke notwendig wäre. Die Folge: Ostdeutschland droht eine Versorgungslücke, die ein Blackout-Szenario wahrscheinlicher macht.

Die Energiewende braucht Tempo und Gleichgewicht

Die Energiesicherheit hängt eng mit dem Netzausbau zusammen. Ohne synchronen Ausbau von Leitungen, Kraftwerken und Speichern wächst das Risiko von Netzausfällen. Gerade in Ostdeutschland müssen Genehmigungsverfahren beschleunigt und finanzielle Anreize geschaffen werden, um die Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen – sonst droht das, was Spanien und Portugal erleben mussten, auch hierzulande.

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