Ein bislang eher unbekannter tropischer Erreger rückt in den Fokus der Wissenschaft: Das Oropouche-Virus, umgangssprachlich auch als „Faultierfieber“ bezeichnet, breitet sich derzeit rasch in Südamerika aus – und wurde nun erstmals auch in Europa nachgewiesen. Virologen zeigen sich besorgt über die Dynamik der Ausbreitung und warnen vor möglichen schwerwiegenden Gesundheitsfolgen.
Schnelle Ausbreitung und keine Therapie verfügbar
In den letzten anderthalb Jahren wurden zehntausende Infektionen in Südamerika registriert. Besonders alarmierend: Der Erreger kann bislang weder mit Medikamenten bekämpft noch durch Impfstoffe verhindert werden. Ärztliche Maßnahmen beschränken sich auf symptomatische Behandlung, Ruhe und ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
Symptome oft harmlos, mögliche Komplikationen jedoch gravierend
Die Erkrankung äußert sich in der Regel drei bis zehn Tage nach der Infektion. Anfangs berichten Betroffene von unspezifischen Beschwerden wie Kopfweh, Hautausschlägen und Übelkeit – Symptome, die leicht mit anderen viralen Infekten verwechselt werden können. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass das Virus besonders für Schwangere gefährlich sein kann. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten oder Missbildungen beim Ungeborenen.
Klimawandel fördert Verbreitung
Über 20.000 Fälle wurden seit Ende 2023 in Ländern wie Brasilien, Kolumbien und Peru bestätigt. Forschende führen die zunehmende Verbreitung auch auf klimatische Veränderungen zurück. Höhere Temperaturen und intensivere Regenzeiten – begünstigt durch das Wetterphänomen El Niño – schaffen ideale Bedingungen für die Mücken, die das Virus übertragen. Professor Jan Felix Drexler von der Berliner Charité weist darauf hin, dass nicht genetische Veränderungen im Virus, sondern Umweltfaktoren Haupttreiber der Ausbreitung seien.
Erste Fälle in Europa – keine lokale Übertragung
Im Sommer 2024 kam es auch in Europa zu ersten registrierten Infektionen: 12 Fälle in Spanien, 5 in Italien und 2 in Deutschland. Bei allen Betroffenen ließ sich eine Reise in betroffene Regionen – vor allem nach Kuba und Brasilien – nachvollziehen. Eine Übertragung innerhalb Europas ist bislang nicht nachgewiesen.
Einschätzung der Gefahr in Europa
Trotz der bestätigten Fälle in Europa sehen Experten derzeit kein akutes Risiko für eine Ausbreitung auf dem Kontinent. Die für die Übertragung verantwortliche Mückenart ist in Europa nicht heimisch. Dennoch raten Gesundheitsbehörden Reisenden in betroffene Gebiete, konsequent auf Mückenschutz zu achten – etwa durch das Tragen langer Kleidung, die Nutzung von Insektenschutzmitteln und Moskitonetzen.
Historischer Hintergrund des Virus
Das Oropouche-Virus wurde erstmals 1955 in Trinidad und Tobago entdeckt und trägt den Namen eines dortigen Flusses. Seither kam es in mehreren südamerikanischen Ländern immer wieder zu Ausbrüchen. Mit dem Fortschreiten des Klimawandels könnte das Virus künftig jedoch auch neue Regionen erreichen.