Dänemark gilt als Vorreiter in Sachen erneuerbare Energien – vor allem Windkraft spielt eine zentrale Rolle im Energiemix des Landes. Doch nun zieht die dänische Regierung in Erwägung, auch wieder auf Atomenergie zu setzen. Nach über 40 Jahren Atomverzicht wird diskutiert, ob moderne Reaktortechnologien eine Ergänzung zur bestehenden Energiepolitik darstellen könnten.
Renaissance der Kernkraft durch neue Technologien
Energie- und Klimaminister Lars Aagaard erklärte gegenüber der Zeitung Politiken, dass die Regierung insbesondere kleine, modulare Reaktoren (SMRs) ins Auge fasst. Diese gelten als vielversprechende Entwicklung, da sie weniger Platz benötigen, günstiger und schneller gebaut werden können als klassische Atomkraftwerke. Aagaard betonte jedoch, dass es nicht reiche, nur auf das technische Potenzial zu verweisen – es müsse genau geprüft werden, welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen ein solcher Schritt für Dänemark hätte. Ungeachtet dessen bleibe der Fokus auf Wind- und Solarstrom bestehen, da diese nach wie vor die kostengünstigsten Energiequellen seien.
Prominente Unterstützung für Atomkraft
Auch der frühere dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen meldete sich zu Wort und sprach sich klar für die Nutzung der Kernenergie aus. In einem Interview mit der Financial Times nannte er das aktuelle Atomkraftverbot aus den 1980er-Jahren „lächerlich“. Seiner Meinung nach sei es unrealistisch, allein auf Sonne und Wind zu setzen. Es brauche eine konstante, CO₂-freie Stromversorgung – und Kernkraft könne hier eine wichtige Rolle spielen. Er vermutet, dass die Regierung mit ihrer aktuellen Prüfung bereits erste Schritte in Richtung einer möglichen Kehrtwende unternehme.
Debatte auch in Deutschland
Die Diskussion um neue Reaktortechnologien ist nicht auf Dänemark beschränkt. Auch in Deutschland hatte die CDU im vergangenen Jahr die Nutzung moderner Atomkraft ins Spiel gebracht. In einem Positionspapier forderte sie eine Prüfung, ob der Betrieb der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke unter vertretbarem Aufwand wieder aufgenommen werden könnte. Die CDU sprach sich auch für die Weiterentwicklung von Reaktoren der vierten und fünften Generation sowie für SMR-Technologien aus.
Im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD und CDU findet sich jedoch kein Hinweis auf eine Rückkehr zur Atomkraft. Die Bundesregierung setzt weiterhin voll auf den Ausbau erneuerbarer Energien.
Dänemark bleibt grundsätzlich auf Kurs in Richtung einer grünen Energiewirtschaft. Dennoch zeigt sich, dass sich die politische Debatte öffnet – insbesondere durch neue technologische Möglichkeiten. Ob das Land tatsächlich wieder in die Nutzung der Kernenergie einsteigt, wird die nun angekündigte Prüfung zeigen. Klar ist jedoch: Die Suche nach stabilen, klimafreundlichen Energiequellen bleibt eine zentrale Herausforderung für Europa.