Bern. Angesichts der weltweit angespannten Sicherheitslage denkt auch die neutral gebliebene Schweiz über eine massive Stärkung ihrer Streitkräfte nach. Obwohl das Land weder NATO- noch EU-Mitglied ist, wächst der innenpolitische Druck, militärisch aufzurüsten – auch mit Blick auf die Entwicklungen in der Ukraine und das geopolitische Verhalten Russlands und Chinas.
Große Investitionen in Panzerflotte geplant
Im Zentrum der Diskussion steht dabei vor allem die Panzertruppe der Schweizer Armee. Derzeit verfügt die Schweiz über insgesamt 373 Kampf- und Schützenpanzer, darunter 205 Leopard-2-Panzer vom Typ A4. Davon befinden sich 134 Fahrzeuge im aktiven Einsatz, weitere 71 sind eingelagert. Rund 20 Prozent der Militärfahrzeuge gelten allerdings als nicht einsatzfähig.
Die Regierung plant nun, die Leopard-Panzer umfassend zu modernisieren und kampfwert zu steigern. Das allein könnte bis zu zwei Milliarden Franken kosten. Doch innerhalb der Armee gibt es Stimmen, denen das nicht ausreicht: Eine Offiziersvereinigung fordert zusätzlich den Kauf von rund 110 neuen Panzern. Die Gesamtkosten würden sich dann laut Medienberichten auf bis zu vier Milliarden Franken (rund 4,26 Milliarden Euro) belaufen – nach anderen Einschätzungen sogar auf über 12 Milliarden Franken.
Artillerie wird ersetzt – neue Systeme aus Deutschland
Auch bei der Artillerie steht ein Generationswechsel bevor. Die derzeit eingesetzten M109-Panzerhaubitzen stammen aus den 1960er Jahren und gelten als technisch überholt. Als Ersatz hat die Schweiz 36 moderne, radgestützte Artilleriesysteme des Typs AGM (Artillery Gun Module) beim deutschen Rüstungskonzern KNDS bestellt. Sie sollen auf dem in der Schweiz entwickelten Piranha-IV-Panzerfahrzeug basieren. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 725 Millionen Franken (rund 773 Millionen Euro).
Luftwaffe soll mit Marschflugkörpern aufgerüstet werden
Schon 2022 hatte die Schweiz den Kauf von 36 F-35A-Kampfflugzeugen aus den USA besiegelt. Nun plant das Land offenbar, auch Marschflugkörper mit großer Reichweite zu beschaffen – ein Schritt, der in der Schweizer Sicherheitspolitik als regelrechter Paradigmenwechsel gilt. Die Rede ist von Flugkörpern mit bis zu 1.000 Kilometern Reichweite und einem Gewicht von rund 1.200 Kilogramm. Noch muss das Parlament dieser Beschaffung zustimmen.
Neutralität bleibt, Verteidigungsbereitschaft soll wachsen
Die Schweiz hält weiterhin an ihrer außenpolitischen Neutralität fest, wie sie in der Verfassung verankert ist. Dennoch will man sich besser auf mögliche sicherheitspolitische Krisen vorbereiten. Landrat und Parlament haben den Auftrag, für die äußere Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes zu sorgen – eine Aufgabe, die angesichts globaler Unsicherheiten zunehmend ernst genommen wird.
Ob all diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, hängt nun vom politischen Prozess ab. Klar ist aber: Die sicherheitspolitische Zurückhaltung der Schweiz bekommt zunehmend Risse – und die militärische Aufrüstung wird zu einem zentralen Thema der Schweizer Politik.